Palermo   

...da gibt's viel zu sagen!

Palermo ist faszinierend und leider runtergekommen. Die Stadt hat immer noch Glanz. Aber ihr geht es nicht gut. Das liegt nicht an der Mafia. Denn unter der Mafia ging es der Stadt früher besser, sagen viele Palermitaner. Ein kompliziertes Kapitel! Jene Parlemitaner sagen: Früher gab es ein Gleichgewicht zwischen Mafia und Politik. Die einen fürchteten die anderen. Heute ist die Mafia geschwächt, und die Politiker können machen, was sie wollen. Denn sie haben die Mafia nicht mehr zu fürchten.

Was für eine Theorie! Man muß Sizilianer sein, um sie zu verstehen. Als Tourist spürt man nichts von der Mafia. Man sieht nur, dass die Geschäfte auf der Via Roma schließen, und seit kurzem sogar auf der eleganten Via Libertà. Zwischen Prada und Louis Vuitton sieht man Schaufenster mit Aufklebern "Affitto" (zu vermieten). Viele hiesige Geschäftsinhaber haben aufgegeben. Rezession. Wirtschaftskrise. Nur die großen Marken halten ihre Geschäfte, wahrscheinlich als Abschreibungsobjekte. 

Die Kathedrale von Palermo: außen interessant, innen langweilig
Die Kathedrale von Palermo: außen interessant, innen langweilig

Und trotzdem ist Palermo prächtig und interessant. Ich empfehle ausdrücklich, während eines Sizilienaufenthaltes zwei bis drei Tage dort zu verbringen. Da ist zunächst einmal das normale Programm, schöne Bauten, Kirchen, Plätze.

In der Architektur der Kathedrale von Palermo spiegeln sich zum Beispiel 1000 Jahre sizilianisches Schicksal. Die Kirche ist normannisch im Grundriss, hat arabische Teile (sie war auch mal Moschee), aber auch gotische. Und zu allem Überfluss von eine Kuppel aus dem 18. Jahrhundert. Gucken Sie sich die Fassade an, dann kennen Sie die Geschichte der Insel! 

 

Vier gleiche Bauten mit Figurinen im prächtigen Teil des Stadtzentrums.
Vier gleiche Bauten mit Figurinen im prächtigen Teil des Stadtzentrums.

 Zentral ist die Straßenkreuzung Quattro Canti. Die Barockbauten an allen vier Ecken haben die Spanier geschaffen. Hier steht man quasi in der Mitte der Altstadt. Der Corso Vittorio Emanuele führt von der Porta Nuova (Dom / Normannen-palast) zur Porta Felice nahe des Hafens.  Im Normannenpalast residiert heute das sizilianische Regionalparlament. Gehen Sie ruhig mit allen anderen Touristen rein! Es ist nicht uninteressant. An einem nicht allzu heißen Tag sollte man den Corso ruhig mal entlanggehen. Die Belohnung: Unten an der Porta Felice geht man zum Meer. Direkt in der Stadt gibt es keinen Strand, aber mit Blick auf die Hafeneinfahrt eine parkähnliche Fläche, die ich liebe. Hier trifft sich - vor allem am Sonntag - groß und klein.

 Am Meer neben der Porta Felice befinden sichh große  Rasenflächen, wo die Leute sich auf Decken niederlassen, Drachen steigen lassen oder sich anderen Freizeitvergnügungen hingeben. Es gibt einige wenige Orte in Palermo, wo man sich ausruhen kann. Dies ist einer davon.

Auch zu empfehlen: Der Park neben der Porta Nuova (in der Nähe des Domes). Die bildet das andere Ende der Straße, die hier am Meer von der Porta Felice geschlossen wird. Die Strasse zwischen den Stadttoren heißt Corso Vittorio Emanuele und ist quasi die Achse von Palermo-City, zwischen Altstadt am Meer und Neuem Tor (Porta Nuova), wo ganz in der Nähe auch das sizilianische Parlamentsgebäude steht, der Normannenpalast aus dem 11. Jahrhundert. Ich war mal drin, habe von der Führung aber kaum etwas behalten. Das ist für mich immer ein Indiz im Nachhinein. Kann man machen, muß man aber nicht.  

In dieser Ecke der Altstadt, westlich der Porta Felice, an der Piazza della Kalsa, habe ich noch einen echten Geheimtipp zu bieten. Gehen Sie dort essen! Angrenzend an den kleinen Park auf der Piazza findet man eine Fischtrattoria, wo man sich die Fische neben dem Grill selbst aussucht. Die Tische mit Plastikstühlen stehen einfach auf der Straße. An einem warmen Abend so zu essen, es kann kaum schöner sein. Auch weil die Preise recht zivil sind.

Vor der Gemüsehandlung daneben, werden in einem großen Kupferkessel oft Mini-Schnecken (Lumache, sprich: Lumake) im Knoblauch-Kräuter-Sud gekocht. Man kauft sie nach Gewicht und ißt sie im Park oder auch in der Bar direkt gegenüber. Der Wirt freut sich, dass er dazu Bier verkauft. Fürchterlich lecker! Wann die Lumache gekocht werden und wann nicht, kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich immer dann, wenn das Geschäft sie geliefert bekommt.     

Ficus macrophylla, ein australischer Baumriese aus der Familie der Maulbeergewächse, auch großblättrige Feige genannt. Noch Fragen?
Ficus macrophylla, ein australischer Baumriese aus der Familie der Maulbeergewächse, auch großblättrige Feige genannt. Noch Fragen?

Und noch ein Tipp in dieser Ecke der Stadt: Die Piazza Marina. Hier ist um die Ecke nicht nur das Marionetten-Museum (sehr schön, auch mit Bühne und Vorstellungen), sondern auch eine Ansammlung der denkwürdigsten Bäume, die ich in meinem Leben je gesehen habe. Es gibt sie an mehreren Orten in der Stadt, aber nirgendwo in einer so denkwürdigen Ansammlung wie auf der Piazza Marina. Die mit einem Gitter umzäunte Parkanlage heißt Giardino Garibaldi, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt und mit mehreren ausstralischem Riesenfeigenbäumen bestückt. Die haben die seltsame Eigenschaft, ihre Luftwurzeln bis zum Boden wachsen zu lassen, wo sie wiederum Wurzeln schlagen. Jetzt nach 150 Jahren solcher Wurzelarbeit sind so die bizarrsten Baumexemplare entstanden, die man sich nur denken kann. Hölzerne Tropfsteinhöhlen mit Baumkrone! Ich muß immer wieder hin und staunen.  

Ein Blick ins Marionetten-Museum lohnt sich.
Ein Blick ins Marionetten-Museum lohnt sich.

Weltberühmt ist die gruselige Kapuzzinergruft (Catacombe dei Cappuchini). Es ist unfassbar: Über 2000 Mumien, vollbekleidete, echte Leichen sind an den Wänden des unterirdischen Gewölbes aufgestellt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden so die Kapuzzinermönche und Angehörige reicher Familien bestattet. Es gibt einen Korridor für Männer, einen für Frauen, einen für Priester etc... Auch einige Kinderleichen sind dort ausgestellt. Wie schrecklich! Die Gruft ist nichts für schwache Nerven. Aber es ist natürlich hochintererssant darübernachdenken, was die Menschen dazubrachte, ihre verstorbenen Angehörigen "haltbar" zu machen. Diese gedankliche Reise geht tief in die menschliche Seele.  

Kommen wir zu einem heitereren Tipp: Verpassen Sie nicht die kunterbunten Märkte, die jeden Morgen in Palermo aufbaut werden. Es ist immer eine Mischung aus Obst, Gemüse, unglaublichen Fischmengen, Fleischauslagen, Gewürzen und Haushaltswaren. Mein Lieblingsmarkt beginnt an der Porta Carini unweit des Teatro Massimo. Wer in einem Appartment mit Küche wohnt, hat gut lachen. Nichts macht so viel Spaß, wie mit den Einkäufen der Märkte zu kochen. Im Sommer kostet das Gemüse fast nichts auf Sizilien. Das Kilo Tomaten 70 Cent. Das Kilo Zitronen ein Euro.

Auch zwei Mitbringel kaufe ich immer auf dem Markt ein: In Salz konservierte Kapern und getrocknete Tomaten. Man schmeckt, dass sie in der Sonne gereift und in derselben getrocknet wurden Lecker und umweltfreundlich.    

Mondello - die Strandbambule von Palermo

Das Kurhaus von Mondello sieht älter aus als es ist.
Das Kurhaus von Mondello sieht älter aus als es ist.

Natürlich hat Palermo, das ja am Meer liegt, auch Strände. Der bekannteste, der zugleich als Vergnügungsviertel fungiert, ist der in Mondello, ein Viertel gut 10 Kilometer außerdem der City. Es war mal ein Fischerdorf, das aber wegen seiner schönen Strände in den vergangenen Jahrhunderten den reichen Sizilianern gur gefallen hat, weswegen sie ihre Villen dort gebaut haben.

Das Kurhaus (stabilimento balneare) ist Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut worden, genauso wie einige Jugendstil-Villen, die heute noch stehen. Juli/August ist dort jeder Quadratmeter Sand mit Liegestühlen gepflastert. Es sind aber die Sizilianer selbst, die sich dort wie die Ölsardinen platzieren. Ich habe dort mal im Mai einen Liegestuhl gemietet. Das war sehr angenehm. Für einen Ausflug, um zu gucken und Eis zu essen, ist Mondello aber sehr zu empfehlen. Man studiert nebenbei das Freizeitverhalten der Einheimischen. Ein bißchen Jahrmarktstimmung kann ja nie schaden.

Palermo von oben, genauer: vom Dorf Monreale aus gesehen, das übrigens auch nett anzusehen ist. Aber das wäre ein anderes Kapitel.
Palermo von oben, genauer: vom Dorf Monreale aus gesehen, das übrigens auch nett anzusehen ist. Aber das wäre ein anderes Kapitel.