Neapel und San Gennaro

Das Blut des Heiligen, das das Schicksal bestimmt

Es war Anfang Mai. Bekannte in Neapel erzählten mir mit ernstem Gesicht vom Blut des Heiligen Gennaro, dem Märtyer, der im Jahre 305 enthauptet wurde und dessen Blut sich seitdem in einer Phiole befindet. Klar, dass Blut nach so langer Zeit eintrocknet. Doch fast jedes Jahr geschieht das Wunder, dass es sich wieder verflüssigt. Die Neapolitaner glauben, dass dies ein gutes Omen für die Stadt sei. Doch wenn es fest bleibt: Oh, je......

Messe zur Verflüssigung des Blutes von San Gennaro, von der Presse genau dokumentiert.
Messe zur Verflüssigung des Blutes von San Gennaro, von der Presse genau dokumentiert.

2011 war ich dabei, als sich in der Phiole auf einmal Flüssigkeit bewegte. Vorher schien alles verkrustet darin zu sein. Das Fernsehen war auch da und hat aufgepasst. Und eine Person, die immer hinter dem Priester stand, eine Art Sachverständiger, schien  mir. Und als es dann geschah, was soll ich sagen, war ich zu meiner eigenen Überrraschung tatsächlich erleichtert. Denn man sagt, im Jahr 1980 habe sich das Blut nicht verflüssigt und dann gab es ein großes Erdbeben.

Mit dem "Wunder" hatte ich allerdings so meine Schwierigkeiten. Die ganze Zeit, als der Priester schüttelte und ruckelte, habe ich im Stillen überlegt: Wie machen dies das? Wie kriegen die da jetzt Flüssigkeit rein? Man wird es wahrscheinlich nie erfahren. Wenn Sie irgendwann mal Informationen darüber haben, schreiben Sie's mir ins Gästebuch

 

Die Kathedrale von San Gennaro am Rande der Altstadt von Neapel
Die Kathedrale von San Gennaro am Rande der Altstadt von Neapel

Katholizismus in Süditalien - nicht viel anders und doch sehr!

Es gibt auch Beichtstühle, aber solche Szenen in offener Kirche habe ich oft im Süden Italiens gesehen.
Es gibt auch Beichtstühle, aber solche Szenen in offener Kirche habe ich oft im Süden Italiens gesehen.

Als sich das Blut des San Gennaro verflüssigt hatte, kamen die Gläubigen an den Altar, um die Phiole zu küssen. Das war mir als deutsche Katholikin dann doch ein bißchen ungewohnt. In Süditalien werden, anders als ich es von Deutschland kenne, an Festtagen heftig Statuen (oft deren Füße)  geküsst. Man heftet Geldscheine an Bänder, die neben der Statue befestigt sind. Es ist halt vieles ein bißchen anders. Was mir (als Frau) immer sympatisch ist: In Italien scheint mir der Marienkult viel ausgeprägter zu sein als im Norden. In viel mehr Kirchen steht die Muttergottes im Mittelpunkt und räumlkich an zentraler Stelle. Mir gefällt es gut, zu Maria aufzusehen und damit zum Urvermögen der Menschheit, nämlich der eigenen Reproduzierbarkeit. Vielleicht blitzt ja im süditalienischen Marienkult das alte naturrelgiöse Matriarchat durch.